28 November 2009

Der Twilight-Wahn geht in die nächste Runde

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Es ist schon traurig, dass eine Geschichte, die schon in Buchform nicht über das Niveau billiger Reiseliteratur hinauskommt, und dann mehr schlecht als recht für das Kino adaptiert wird, zu einem der Kassenschlager des Jahres wird. Was sagt das über unsere Zeit und den Geschmack der Allgemeinheit aus? Nehmen wir wirklich jeden mist dankbar an, so lange er nur attraktiv verpackt ist und ein paar Effekte aufzuweisen hat?

Auf einmal sind Darsteller – die Berufsbezeichnung Schauspieler verdienen sie zumindest aufgrund ihrer Leistungen in den Filmen der „Twilight“-Saga nicht -, die kaum etwas können und über keinerlei Ausstrahlung verfügen, die neuen Sexsymbole. Seit der Zeit der Supermodels hat man sich offenbar daran gewöhnt, mehr oder weniger attraktive Menschen, die gedankenverloren in die Landschaft starren, als Schönheitsideal wahrzunehmen. Aber wird das nicht binnen kürzester Zeit langweilig? Aber ich schweife ab.copyrightjps

Teil 2 der „Twilight“-Saga mit dem Titel „New Moon – Biss zur Mittagsstunde“ ist über die Welt hereingebrochen. Millionen pubertierender Mädchen beiderlei Geschlechts kreischen vor Begeisterung, weil ihre Idole ungefähr zwei Stunden lang (die sich wie zehn anfühlen) platt, langweilig und blutleer von der Leinwand auf sie herunterschauen. Dabei ist der Film alles andere als eine verträumte und übersinnliche gotische Romanze, er ist eine vor Stereotypen nur so wimmelnde, uninspirierte Karikatur von depressiven und deprimierten Teenagern, ausgewalzt auf eine Spieldauer von 120 Minuten. Im Vergleich dazu wirkt der erste Teil wie eine cineastische Offenbarung.

Ein weiterer Hauptgrund dafür, dass „New Moon“ als eine der großen Enttäuschungen des Kinojahres 2009 angesehen werden muss, ist die unterirdisch schlechte darstellerische Leistung der Heldin Bella (Kristen Stewart). Sie hat weniger Präsenz als eine Nachttischlampe und verfügt über die schauspielerische Wandlungsfähigkeit eines Lattenzauns, ist aber in fast jeder Szene zu sehen. Bella wirkt lustlos und leer, nicht die geringste Spur von Charakter ist an ihr zu bemerken. Sie hat keine Meinung und nichts Interessantes zu sagen; ihr ganzes Sein ist Sehnen. Doch sehnt sie sich nach dem Vampir Edward (Robert Pattinson), der genauso substanzlos und uninteressant ist wie sie selbst.

„New Moon“ spielt kurz nach dem Ende von Teil 1, Bella und Edward sind ein Paar, die junge Frau aufgenommen in den Vampirclan der Cullens. Doch ihr Status als Mensch – und damit potenzielles Futter – wird nur allzu deutlich, als sie sich den Finger an einem Stück Papier ritzt und zu bluten beginnt. Edward kann gerade noch verhindern, dass seine Verwandten über sie herfallen. Ergo, die Cullens haben verschissen und setzen sich nach Italien ab. Edward trennt sich von ihr in einer an Melodramatik kaum zu überbietenden Szene während eines Spazierganges im Wald (der einzige Moment im ganzen Film, wo so etwas wie menschliche Emotion aufkommt). Daraufhin bläst sie verständlicherweise monatelang Trübsal. Doch dann wirft sie ein Auge auf Jacob Black (Taylor Lautner), der seit dem ersten Teil einige Zeit in der Kraftkammer verbracht zu haben scheint und gerade in die Werwolf-Pubertät kommt. Sie benützt ihre Freundschaft, um sich von Edward abzulenken, ein Umstand, der ihm ob seiner Verliebtheit verborgen bleibt.

Das klassische romantische Setup, doch Regisseur Chris Weitz scheint das nicht bemerkt zu haben. Er weiß zwar, dass die Beziehung von Bella und Edward für viele Teenager der Inbegriff epischer Romantik ist, weshalb er oft zusammen zeigt. Aber zwischen den beiden funkt es einfach nicht, da ist keine Chemie. Chris Weitz weiß auch, dass Bella von Jacob umworben wird, weshalb er Jacob und seine Werwolf-Brüder mit nacktem Oberkörper durchs Bild laufen lässt, wobei ihm offensichtlich entgeht, wie lächerlich die Gruppe dabei wirkt. Nichts Ehrliches, Echtes passiert zwischen den Figuren; alle stehen und gehen herum, geben Text von sich, dann geht es auf zur nächsten Szene. Das alles bewegt sich auf dem Niveau von Seifenopern. Wüsste man es nicht besser, wäre man fast versucht, „New Moon“ für eine Parodie auf das „Twilight“-Phänomen zu halten.

Rein technisch betrachtet, ist dieser Film kompetenter produziert als Teil 1, was nicht mehr bedeutet als traditioneller, herkömmlicher, also nicht unbedingt besser bedeuten muss (und in diesem Fall keineswegs bedeutet). Trotz des höheren Budgets lassen die Spezialeffekte einiges zu wünschen übrig, besonders die Szenen, in denen sich Jacob und seine Brüder in Werwölfe verwandeln, wirken billig. Schlimmer noch ist jedoch, dass Chris Weitz die Gefühlswelt der Hauptfiguren nicht verstanden zu haben scheint. In „Twilight“ (Catherine Hardwicke sei Dank) gingen die Szenen zwischen Bella und ihrem Vater wirklich zu Herzen und ihre Entfremdung von der Familie war leicht nachzuvollziehen. Dies lieferte auch den Grund dafür, dass sie sich zu Edward hingezogen fühlte. In „New Moon“ gibt es überhaupt keinen ersichtlichen Grund mehr dafür. Anstatt vielsagende Blicke und leise Zwischentöne als Mittel zu nutzen, um den Aufruhr der Gefühle zu kommunizieren, wird man mit Kommentaren aus dem Off zugequasselt, die bald nur noch langweilen. Nicht reden, zeigen! Das ist schließlich ein Film.

Die Hauptdarsteller sind allesamt zu schwach, um gegen das inhaltliche Vakuum anzukämpfen, das dem Film jede Existenzberechtigung nimmt. Lediglich Michael Sheen und Dakota Fanning als Mitglieder der Volturi-Elite verstehen es, ihre Rollen mit Leben zu erfüllen. Leider sind die beiden viel zu selten zu sehen.

Tun Sie sich selbst und der Welt einen Gefallen und bleiben sie diesem völlig missglückten Machwerk fern. Obwohl das nicht viel helfen wird, denn Horden von kreischenden Teenies werden „New Moon“ zu einem Riesenerfolg machen. Da kann man sich nur noch auf die Teile 3 und 4 freuen...

Ein weiterer Tiefpunkt in einem an Enttäuschungen nicht gerade armen Kinojahr.

Eine ausführliche Kritik zu „New Moon“ finden Sie hier.

 

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24 November 2009

Michael Jackson gewinnt 4 American Music Awards, aber wofür?

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mj-ama Wer die Verleihung der American Music Awards vergangene Nacht verfolgt hat, muss zu dem Schluss kommen, dass Michael Jackson gut daran getan hätte, schon früher den Löffel abzugeben – sein Ableben hat seine Karriere jedenfalls sehr beflügelt.

Fünf Nominierungen und vier Preise bei den AMA sind ein mehr als deutlicher Beweis dafür. Er gewann die Preise in den Kategorien „Bester männlicher Künstler Pop/Rock“, „Bestes Album Pop/Rock“, „Bester männlicher Künstler Soul/Rhythm and Blues“ und „Bestes Album Soul/Rhythm and Blues“, nicht schlecht für jemanden, der seit 2001 kein neues Material mehr veröffentlicht hat.

Warum nur wurde er nominiert, und noch dazu so oft? Vermutlich, weil Tote keine Dankesreden halten können und so allfällige Skandale ausbleiben. Man denke nur an den Ausrutscher, den sich Kanye West vor einigen Wochen geleistet hat. Das mag verständlich erscheinen, aber wofür nominiert man einen Toten, von dem so lange nichts Neues - geschweige denn Gutes – erschienen ist? Richtig, für das sechs (!) Jahre altes „Best Of“-Album mit dem Titel „Number Ones“. Selbst wenn man den Faktor Trauer mit einkalkuliert, macht das Ganze nicht viel Sinn.copyrightjps

Vor allem deshalb nicht, weil Michael Jackson nach Jahren des musikalischen michaeljacksonama2009 Schweigens heuer wieder Lieder veröffentlicht hat, die – zumindest vom Veröffentlichungsdatum her – völlig zu recht hätten nominiert werden können. Aber leider, leider haben es die Organisatoren der American Music Awards verabsäumt, speziell auf diese Songs zugeschnittene Preise wie etwa „Bester halbherzig von einer einst erfolgreichen Band abgekupferter Song“ oder „Beste Cover-Version eines 18 Jahre alten puertoricanischen Songs, von dem bis vor kurzem noch niemand gehört hat“ einzuführen, denn diese Preise hätte Michael Jackson ohne Zweifel gewonnen (und auch verdient).

Gefällt Ihnen nicht auch, wie gekonnt der selbsternannte ehemalige „King of Pop“ aus „A Horse With No Name“ von America „A Place With No Name“ gemacht hat, worin er dann singt: „I want to go to a place without no name“. Diese doppelte Verneinung bedeutet bekanntlich, dass er einen Ort, der einen Namen hat, aufsuchen möchte. Die meisten Orte und Städte haben Namen. Warum also hat er nicht einfach gesungen „I want to go to Bangkok“ oder „I want to go to Vienna an get myself a Sachertorte”?

Der „neue“, posthum veröffentliche Song „This Is It“ wurde in für Michael Jackson untypischer Weise ohne große Skandale und pünktlich auf den Markt gebracht. Doch auch bei dieser Nummer traten bald Probleme auf. Erstens ist sie nicht gut, zweitens hat Paul Anka zumindest mitgeschrieben und drittens wurde der Song vor 18 Jahren von dem puertoricanischen Sänger Sa-Fire schon einmal herausgebracht.

Ich bin ja der Ansicht, dass Preise nur für Alben und Songs vergeben werden sollten, die in nicht allzu ferner Vergangenheit das Licht der Öffentlichkeit erblickt haben. Noch dazu wurde Michael Jackson für die Songs auf „Number Ones“ schon mehrfach bei den American Music Awards ausgezeichnet, zuletzt 2002, als man ihm den Preis als „Künstler des Jahrhunderts“ überreichte.

jermaine_jackson_ama2009 Betrachtet man die Verkaufszahlen und die Playlists der Radiosender, dann hat  der „King of Pop“ die Auszeichnungen vielleicht sogar verdient. Aber auf gar keinen Fall sollte man auf das Wichtigste vergessen – hätte Michael Jackson nicht gewonnen, dann hätte sich sein Bruder Jermaine nicht bei der Übernahme der Preise in Szene setzen können. Der Mann muss ja seit dem Tod des Bruders immer und überall im Mittelpunkt stehen.

Übrigens: Wer wird über die Vergabe der American Music Awards entschieden? Die Öffentlichkeit stimmt für ihre Lieblinge. Da darf man sich über seltsame Entscheidungen wahrlich nicht wundern...

 

22 November 2009

Der Videobeweis im Fußball muss her

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henry_hands Nach dem Skandaltor von Paris (Handspiel von Tierry Henry) wird unter Fußballinteressierten heftig diskutiert. Die einen befürworten eine Neuaustragung des Spiels, andere – leider auch die FIFA – meinen, dass die Entscheidung des Schiedsrichters, das Tor anzuerkennen, Bestand haben muss. So oder so, dem Ansehen des Fußballs und des Sports insgesamt wurde mit dieser unglücklichen wie unappetitlichen Situation schwerer Schaden zugefügt. Die Funktionäre haben nichts Besseres zu tun, als tagein, tagaus von Fairness zu sprechen, und dann wird angesichts eines so offensichtlichen Patzers getan, als wäre nichts passiert. Dabei ließen sich solche Diskussionen in Zukunft durch die Einführung des Videobeweises im Fußballsport in den allermeisten Fällen verhindern.copyrightjps

Leider ist die FIFA, allen voran ihr Präsident Sepp Blatter, zu keiner Änderung bereit. Die UEFA klammert sich an das Motto „mehr Augen sehen mehr“ und setzt bei Spielen der so genannten Euroleague statt zwei nunmehr vier Schiedsrichterassistenten ein, was bisher zu keiner erkennbaren Verbesserung geführt hat. In der Euroleague gibt es genauso viele Fehlentscheidungen wie in Spielen mit nur zwei Assistenten. Warum sich die großen Verbände mit Händen und Füßen gegen die Einführung des Videobeweises wehren, ist nicht nachvollziehbar. Vor allem dann nicht, wenn man bedenkt, dass es neben dem rein sportlichen Skandal von Paris zurzeit auch noch der viel schwerwiegendere Skandal um möglicherweise hunderte von manipulierten Spielen verschiedener Ligen in ganz Europa im Raum steht.

Traditionalisten meinen, dass gerade die Fehlentscheidungen der Schiedsrichter und die damit einhergehenden Diskussionen den Fußballsport so interessant machen. Das Argument ist schlicht und ergreifend Unfug. Es ist nicht statthaft, grobe und folgenschwere Fehler mit derart verklärtem Blick zu verteidigen. Schließlich ist Fußball nicht nur Sport, sondern auch – und in erster Linie – Big Business. Es geht um Millionen, und dementsprechend sollten alle technischen Hilfsmittel genutzt werden, um einen möglichst fairen Spielausgang zu gewährleisten. In der Vergangenheit passierten einfach schon zu viele Fehler in entscheidenden Spielen, als dass man behaupten könnte, das Reglement in seiner jetzigen form sei der Weisheit letzter Schluss. Es sei nur an das WM-Finale 1966 im Londoner Wembley Stadion erinnert, wo nie geklärt werden konnte, ob der Ball beim Siegestreffer für England wirklich hinter der Linie war, oder auch an die „Hand Gottes“, mit der Diego Maradona bei der WM in Mexiko 1986 das bis heute skandalöseste Tor der WM-Geschichte erzielte. Zumindest letzteres Unrecht hätte durch den Video- oder TV-Beweis problemlos richtig gestellt werden können. Was sagt der oberste Fußballfunktionär zu der Angelegenheit? Gegenüber Eurosport erklärte Sepp Blatter, dass er sich unter Umständen Videokameras zur Überwachung der Torlinie vorstellen könnte, aber nicht mehr, denn sonst käme es zu ständigen Spielunterbrechungen. „Aber Fußball ist ein Spiel, das nicht unterbrochen werden darf“, so Blatter. Lebt der Mann hinter dem Mond. Fußball ist ein Spiel, das dauernd unterbrochen wird. Fouls, Outeinwürfe, Eckbälle, Verletzungen...

Um die gröbsten Fehler der Schiedsrichter zu korrigieren, wäre ein ähnliches System wie im American Football wünschenswert. Die NFL (National Football League) lässt Einsprüche gegen bestimmte Entscheidungen der Referees zu, und zwar bis zu drei je Mannschaft und Halbzeit. Eine ähnliche Regelung sollte die FIFA in Betracht ziehen. Sie könnte in etwa so aussehen:

1. 2-3 Einspruchsmöglichkeiten, also Kontrollen auf dem Fernsehschirm, pro Mannschaft und Halbzeit.

2. Einspruch nur in folgenden Fällen: Elfmeter, zuerkannte oder aberkannte Tore, Fouls, die mit roter Karte geahndet werden.

3. Der Einspruch muss erfolgen, ehe der Ball wieder im Spiel ist.

Durch diese Einschränkung käme es, da in all den genannten Situationen das Spiel ohnehin unterbrochen kaum zu Verzögerungen, da noch dazu mit nicht mehr als drei bis vier solcher Vorkommnisse pro Spiel zu rechnen ist. Außerdem sind viele Situationen so eindeutig, dass der Wunsch nach Überprüfung gar nicht laut würde.

Die Zulassung des Videobeweises wäre auch ein wichtiges Instrument im Kampf gegen die Manipulation von Spielen, da es den Schiedsrichtern schwerer, wenn nicht gar unmöglich gemacht würde, willkürliche Entscheidungen zu fällen. Und wenn sie trotz eindeutigen Videobeweises bei ihrer falschen Entscheidung bleiben, dann weiß man wenigsten, dass sie bestochen sind und kann dementsprechend gegen sie vorgehen.

Es ist höchst an der zeit, den Videobeweis als Hilfsmittel für die Schiedsrichter einzuführen, damit der Fußballsport nicht in einem Sumpf aus Wettbetrug, Spielmanipulationen und fragwürdigen Spielausgängen versinkt. Wir schreiben nicht die 1960-er, sondern das Jahr 2009, die Zuschauer, oft sogar diejenigen vor Ort, bekommen strittige Szenen zigmal in Zeitlupe zu sehen, warum als nicht auch die Schiedsrichter. Schließlich sind sie es, die allfällige Fehler ausbaden müssen. Manchmal kann man sich angesichts der sturen Ablehnung des Videobeweises durch die Granden von FIFA und UEFA des Eindrucks nicht erwehren, dass diese Herrschaften mit den Anbietern von Sportwetten unter einer Decke stecken...

P.S.: Da die FIFA offensichtlich nicht gewillt ist, einer Neuaustragung des WM-Qualifikationspiels zwischen Frankreich und Irland zuzustimmen, sollten die Verantwortlichen zumindest den Betrüger Tierry Henry für die Weltmeisterschaft in Südafrika sperren und so ein eindeutiges Zeichen für Fairness auf dem Fußballplatz setzen.

 

20 November 2009

Die neuen Spitzen der EU

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Schon bei der Ausarbeitung des kürzlich ratifizierten Reformvertrags („Vertrag von Lissabon“) hat die EU eine große Chance, die Union demokratischer zu gestalten und die Bürger in die Personalentscheidungen einzubinden, ungenutzt gelassen. Und auch bei der Auswahl der Kandidaten durch die Regierungschefs und die Parlamentsfraktionen wurde so ziemlich alles falsch gemacht.copyrightjps

Von Anfang an war es ein unwürdiges Feilschen um die beiden neu geschaffenen Posten des EU-Ratsvorsitzenden und des Außenbeauftragten. Wie und warum manche Personen in die engere Wahl kamen, während andere auf der Strecke blieben, blieb für Außenstehende ein Rätsel. Es machte sich auch niemand der führenden Herren und Damen die Mühe, die Öffentlichkeit darüber aufzuklären. Und nun wurde uns also nach Wochen des Hin und Her endlich mitgeteilt, wer die EU in Hinkunft repräsentieren soll. Es handelt sich dabei um zwei Politiker, die den allermeisten EU-Bürgern völlig unbekannt sind – ein Umstand, der es ihnen schwer machen wird, als „unsere“ Vertreter akzeptiert zu werden und Bürgernähe zu demonstrieren. Vielmehr wird man bei ihrem Anblick immer an die Brüsseler Bürokratie und die selbstgefälligen Machtspielchen der EU-Granden denken, nicht zu vergessen die unseligen Proporzabsprachen zwischen den Fraktionen. Denn nach dem Selbstverständnis der „Volksvertreter“ muss der Ratspräsident ein Konservativer sein, weshalb der Außenbeauftragte dem sozialdemokratischen Lager zusteht. Also die besten Voraussetzungen für drittklassige Kandidaten.

VAN_ROMPUY Der belgische Premierminister Herman Van Rompuy (62), ein Konservativer, ist außerhalb seiner Heimat weitgehend unbekannt und ein Mann ohne Ausstrahlung. Er ist ein typischer Kompromisskandidat, von dem man erhofft, er werde mit der Aufgabe wachsen. Dasselbe wurde auch gesagt und gehofft, als sich die Regierungschefs auf den letzten Kompromisskandidaten geeinigt hatten, nämlich Jose Manuel Barroso, der von Beginn an ein äußerst schwacher Kommissionspräsident gewesen ist und sich nie entwickelt hat. Van Rompuys einzige bisherige Leistung besteht darin, dass er ein Jahr lang in Belgien eine Kompromisskoalition am Laufen hielt. Wahrlich eine Empfehlung für Höheres...

Ashton Als EU-Außenbeauftragte wurde uns Catherine Ashton (53) von der britischen Labour-Party beschert, die als Baroness im Oberhaus des Parlaments saß, einige Male Staatssekretärin und zuletzt in der EU-Kommission für den Handel zuständig war, also noch nie selbständig etwas Großes geleitet hat. Sie wurde auserwählt, weil sie „englisch, weiblich und sozialdemokratisch“ ist, und nicht aufgrund besonderer Fähigkeiten. Viel schwerer als möglicherweise mangelnde Qualifikation wiegt in ihrem Fall aber, dass sie geradezu zum Fürchten aussieht – und das, wo sie das „Gesicht der EU“ auf dem internationalen Parkett sein soll. Gesicht? Wohl eher Fratze. sie kann nichts für ihr Aussehen, aber Menschen die Staaten oder Staatenbünde in der Öffentlichkeit vertreten, sollten – das gilt selbstverständlich auch für Herrn Van Rompuy – auch repräsentativ aussehen. Es gibt weiß Gott schon genug weibliche Schreckgespenster in der europäischen Politik.

So lange Proporz sowie persönliche und nationale Befindlichkeiten wichtiger sind als Fähigkeiten, Beliebtheit und Akzeptanz in der Bevölkerung, werden immer weiter farblose und schwache Politiker in die Spitzenpositionen der EU gehievt werden, damit nur ja niemand den Mächtigen in die Quere kommt. Auf der Strecke bleiben die Bürger und die Ideale der EU.

 

17 November 2009

Die zivilisierte Gesellschaft

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„Warum haben so viel mehr zu essen, als sie vertragen können, während andere Hunger leiden müssen?“, fragte die kleine Elena ihren Vater, der gerade erst nach Hause gekommen war, weil er Überstunden hatte leisten müssen, damit sein vorgesetzter auf den Golfplatz gehen konnte. Ein paar Augenblicke lang versuchte er, die Frage zu ignorieren, und schenkte sich ein großes Glas Cognac ein. Die Kleine gab aber keine Ruhe, zog an seinem Hosenbein und rief in einem fort „Sag doch, Papa, sag doch!“, was, wie man sich leicht vorstellen kann, nicht gerade zur Besserung seiner Stimmung beitrug. Entsprechend zynisch fiel seine Antwort aus. „Das, meine Kleine, ist die höchste Vervollkommnung der Kunst der Quälerei, in welcher die Menschen ach so bewandert sind, - das Elend gleich neben dem Überfluss anzusiedeln – den armen Tropf, der nicht einmal das Geld fürs täglich Brot hat, zu zwingen, dem Vorbeirauschen ihrer Luxuslimousinen zu lauschen, auf dem Weg zu irgendeinem Fest oder Empfang, ohne auch nur an ihn zu denken, geschweige denn, ihm das kleinste bisschen Hilfe zukommen zu lassen – die Fleißigen, die Findigen, die Kreativen sind zum Verhungern verdammt, während die Mittelmäßigen wie die Maden im Speck leben – den im Sterben Liegenden im Stich zu lassen, in der Gewissheit, dass nur einige Cent von dem Geld, mit dem die vollgefressenen Superreichen nichts Sinnvolles anzufangen wissen, ihn retten könnten – das zu tun, ist ihr oberstes Ziel, und es wird stets erreicht. Der Hungerleider, durch dessen fadenscheiniges Gewand die Winterstürme fegen und seine Haut wie mit Nadeln stechen – dessen Tränen gefrieren, ehe sie fallen können – dessen Seele so trostlos ist wie die Nacht, unter deren Zelt er sich schlafen legt – dessen erfrorene und verklebte Lippen die Nahrung nicht aufnehmen könnten, nach der der knurrende Magen verlangt – und der, inmitten des Horrors eines obdachlosen Winters, dieses Elend demjenigen vorzieht, das ihn in seiner Behausung, die den Namen Wohnung nicht verdient, erwartet, ohne Nahrung, ohne Strom, wo das Heulen des Sturms beantwortet wird von lauteren Schreien nach Essen, wo er über die geschwächten Körper seiner Lieben steigen muss, die zu Boden gesunken sind, nicht um zu rasten, sondern aus Verzweiflung. Ist so ein Mensch noch immer nicht verzweifelt genug?“copyrightjps

Die kleine Elena zitterte vor Erregung am ganzen Leib und brachte kein Wort hervor. „Nein, er ist es nicht. Lasst seine Schritte, die nicht wissen, wohin sie wandern, ihn vor die Tore der luxuriösen Behausungen der Wohlhabenden führen – lasst ihn fühlen, dass ihn nur ein Zaun von Überfluss und Fröhlichkeit trennt, aber in Wahrheit Welten zwischen ihm und diesem anderen, schöneren Leben liegen – lasst ihn fühlen, dass, während seine Welt nur aus Kälte und Hunger besteht, die da drinnen sich die Augen mit den neuesten technischen Spielereien verderben und in den überheizten Räumen mit Ventilatoren Kühlung verschaffen – lasst ihn fühlen, dass jeder seiner Klagelaute mit einem Lachen oder einem Lied beantwortet wird – und lasst ihn auf der Schwelle der Villa sein Leben aushauchen, während sein letzter bewusster Schmerz durch den Gedanken verschlimmert wird, dass der hundertste Teil der Schlemmereien und Luxusartikel, die da drinnen unbeachtet vor der Schönheiten und gelackten Affen herumstehen, seine Existenz hätte verlängern können, während dieser Überfluss die ihre nur noch vergiftet – lasst ihn verhungern auf der Schwelle eines Luxusrestaurants, während ihr euch auf der Toilette übergebt, weil ihre euch überfressen habt oder glaubt, zu dick zu sein – und dann, dann bewundert mit mir die Erfindungsgabe, die dieses neue Elend hervorgebracht hat! Nicht zufrieden mit Krankheiten und Hunger, mit der Unfruchtbarkeit der Erde, den Wirbelstürmen, den Erdbeben, müssen sie Gesetze und Ehen haben, Präsidenten und Finanzämter, Kriege und Festlichkeiten, und alle Arten von künstlich hervorgerufenem Leid, die man sich nur ausmalen kann.“

Darauf stürzte der Vater seinen Cognac in einem Zug hinunter und ließ seine Tochter stehen, die in Tränen ausbrach und nach der Mutter rief.

 

14 November 2009

Wirtschaftskrise – Die nächste Megablase wird bald platzen

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Nachdem die so genannte „Finanzkrise“ Welt vor knapp einem Jahr in Panik versetzt hat und die Politiker sich bemüßigt gefühlt haben, hunderte Milliarden Dollar und Euro in das Finanz- und Bankensystem zu pumpen, um den totalen Kollaps abzuwenden, steht uns jetzt bald die nächste und, wenn man den Experten glauben darf, noch größere Krise ins Haus.copyrightjps

Man kann es kaum glauben, aber während rund um den Globus Arbeitsplätze abgebaut, Krisen- und Stützpakete geschnürt werden, geben sich die „Big Players“, also diejenigen, denen wir das ganze Schlamassel zu verdanken haben, schon wieder hemmungslos ihrer Gier und somit ihren hochspekulativen Spielchen hin. Sie gehen unter den gut dotierten staatlichen Schutzschirmen wieder enorme Risiken ein, als gäbe es kein Morgen.

GeldSACK Vorreiter sind wieder einmal die amerikanischen Großbanken, angeführt von Goldman Sachs, bei denen das Volumen der gehaltenen hochriskanten Derivativpositionen (das sind jene Finanzprodukte, die maßgeblich zum Entstehen der Krise beigetragen haben und als „faule Papiere“ von so vielen Banken irgendwo in den Bilanzen versteckt werden) – trotz des vollmundigen Geredes um strengere Vorschriften und stärkere Risikobegrenzungen für die Finanzbranche – das Vorkrisenniveau längst überschritten hat. Das erklärt wohl auch, warum etliche der Wall-Street-Banken die staatlichen Kredite bereits zurückzahlen konnten und wieder Boni in Millionenhöhe auszahlen.

Und das alles zu einem Zeitpunkt, da die Krise die Realwirtschaft fest im Griff hat und viele Menschen ihre Arbeit verlieren. Die Lage ist so schlimm, dass zum ersten Mal seit langem von Depression gesprochen wird. Zwar zeigen die Konjunkturdaten zum Beispiel für Europa im dritten Quartal 2009 wieder ein leichtes Wachstum an (nachdem es fast 9 Monate nur bergab gegangen war), doch sind sich so gut wie alle Experten einig, dass diese erfreuliche Entwicklung ausschließlich auf die Wirkung der milliardenschweren staatlichen Konjunkturpakete zurückzuführen ist. Wenn diese im kommenden Jahr auslaufen, wird sich erst erweisen, ob der Schub, den die Steuermilliarden der Wirtschaft gegeben haben, diese soweit stabilisieren konnte, dass sie auch aus eigener Kraft Fahrt aufnimmt.

Spekulationen können die neuen Finanzblasen voraussichtlich noch ein bis eineinhalb Jahre auffüllen und derart auch zumindest eine Erholung der Wirtschaft vortäuschen. Freilich: Je länger dies passiert, desto lauter wird der Knall beim unvermeidlichen Platzen. Dann brechen die jetzt Amok laufenden Aktien- und Rohstoffmärkte zusammen. Und die darauf folgende Krise wird um vieles schlimmer sein als die, unter der wir aktuell zu leiden haben, denn die Staaten werden nicht mehr genug Mittel zur Verfügung haben, um stützend einzugreifen.

Dass sich neue Finanzblasen gebildet haben, daran zweifeln mittlerweile auch vorsichtige Experten nicht mehr. Der Chef von DWS, der Fondstochter der Deutschen Bank, Klaus Kaldemorgen, sagte jüngst in einem Zeitungsinterview: „Die Geldpolitik ist so angelegt, dass wir auf eine Blase zusteuern.“

Offensichtlich sind die Manager nicht gewillt, an ihrem hochspekulativen Vorgehen, das ihnen Millionen und Abermillionen an Gehältern und Boni einbringt, auch nur das Geringste zu ändern. Die Politiker können oder wollen keine gesetzlichen Rahmenbedingungen verabschieden, die dem Spekulantentum zumindest ein wenig Einhalt gebietet und die Banken verpflichtet, Risikovorsorge zu betreiben. Der arme Steuerzahler muss das Ganze dann ausbaden. Dieses System, dass nur dazu dienen zu scheint, dass sich einige wenige auf kosten aller schamlos bereichern können, ohne auch nur das geringste zu leisten, darf nicht länger weiter bestehen. Sonst werden wir alle paar Jahre in eine neue Krise schlittern.

Die Zeit scheint reif für eine Revolution...

 

13 November 2009

Silvio Berlusconi oder Der Schandfleck Italiens

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kari_20080411_Domina Seit einigen Jahren hält nun schon der selbsternannte “Cavaliere” die Italiener in seinem Würgegriff gefangen. Es ist erstaunlich, wie weit man kommen kann, wenn man das Fernsehen beherrscht und über eine mehr als gesunde Portion Unverschämtheit verfügt.

Unter recht dubiosen Umständen zum Medienmogul aufgestiegen, Milliardär und hochstilisierter „Selfmade Man“, flüchtete sich Silvio Berlusconi vor den Nachstellungen der seiner Meinung nach „kommunistischen“ Justiz in die Politik, wo er nun zum Leidwesen aller denkenden Menschen sein Unwesen treibt. Mühelos gelingt es ihm, in der an unrühmlichen Episoden reichen italienischen Nachkriegspolitik neue Tiefpunkte zu erreichen. Ob Frauenfeindlichkeit, Angriffe auf die Justiz, Bestechungen, Sexskandale, kein Fettnäpfchen scheint ihm zu tief zu sein, um nicht mit Anlauf hineinzuspringen. Und alle stehen machtlos daneben und schauen zu. Die italienischen Wähler, weil seine Eskapaden im von ihm dominierten Fernsehen, das für rund 80% aller Italiener die einzige Informationsquelle darstellt, totgeschwiegen oder schöngeredet werden. Der Rest der EU – ja, warum eigentlich? Es scheint fast so, als würden die Politiker in Brüssel und den Hauptstädten der Welt Silvio Berlusconi einfach so tolerieren. Dabei ist der alte Mann eine Gefahr für die gesamte Demokratie. Ständig wird gepredigt: „Währet den Anfängen“. Und hier geht einer einzig und allein zu dem Zweck, sich der Justiz zu entziehen und auf seine Person zugeschnittene Gesetze durchzusetzen, und alle tun so, als wäre das das Normalste auf der Welt.copyrightjps

Silvio Berlusconi ist eine Schande für Italien und die gesamte EU. Da man als einfacher Bürger so gar keine Möglichkeit hat, etwas gegen diesen „Mediendiktator“ und seinen – leider, leider! - sehr wahrscheinlichen Sieg bei den nächsten Parlamentswahlen zu unternehmen, hier nun als kleiner Trost einige gelungene Karikaturen:

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VIEL VERGNÜGEN!

 

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10 November 2009

Britney Spears – Sing oder stirb

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Jetzt ist die gute Britney also, nachdem sie Europa und andere Teile der Welt mit ihrer Playback-Show „erfreut“ hat, auf dem fünften Kontinent eingetroffen.

Dass die Fans weltweit mit einer zumindest zur Hälfte von Madonna abgekupferten Show abgespeist wurden, in der Britney Spears mehr oder weniger gekonnt über die Bühne stolzierte und nicht sang, wofür, es sei nur am Rande erwähnt, hohe Eintrittspreise verlangt wurden, hat sich offenbar bis nach Australien herumgesprochen. Deshalb ist es nur zu verständlich, dass die Konsumentenschutzministerin von New South Wales, Virginia Judge, im Interesse ihrer Landsleute gefordert hat, Miss Spears müsse wirklich live singen oder aber die Veranstalter müssten auf den Tickets ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Musik von der Festplatte kommt. Warum gibt es eine ähnliche Regelung nicht auch in en USA und in Europa? Ist es nicht eine Form von betrug, wenn Sänger „Live-Konzerte“ geben, ohne tatsächlich zu singen? Was kommt als nächstes? Klavierkonzerte bei denen der Pianist nur noch Fingerbewegungen simuliert?copyrightjps

Wenn man den Berichten australischer Tageszeitungen glauben darf, dann hat Britney Spears bei ihrem ersten Auftritt „Down Under“ wieder nicht gesungen. Etliche enttäuschte Konzertbesucher sollen vorzeitig gegangen sein. Die gute Britney ist nun erbost ob der „übertriebenen“ Medienberichte. Warum? Sie braucht ja nur selbst zu singen, und niemand wird mehr negativ über sie und ihre Konzerte berichten. Liegt es vielleicht daran, dass sie nicht mehr singen kann und im Studio zu „Autopitch“-Programmen (das sind Computerprogramme, mit denen sich die Höhe des gesungenen oder gespielten Tones nachträglich korrigieren lässt) Zuflucht nimmt, wie sie etwa von den Spice Girls regelmäßig verwendet wurden?



Oder ist sie sich nur zu gut dafür, ein paar Mal pro Woche vor zahlendem Publikum zu singen? Oder imitiert sie in dieser Beziehung einfach ihr großes Vorbild Madonna, der sie musikalisch und in punkto Auftreten immer ähnlicher wird und die ja selbst nur noch zwei bis drei Lieder pro Konzert tatsächlich live singt?

Glaubt Britney Spears tatsächlich, dass sie als Person so interessant ist, dass ihre Fans auf Dauer bereit sein werden, viel Geld auf den Tisch blättern, nur um in den Genuss zu kommen, sie über die Bühne stolzieren zu sehen? Wenn sie nicht singen will, dann sollte sie zumindest eine originelle und spektakuläre Show bieten, bei der sie tanzt wie ein Weltmeister. Sonst heißt es bald nur mehr: Britney, go home!

 

07 November 2009

Glaubensbekenntnis

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An einem trübselig grauen Novembernachmittag, der Nebel lag wie schmutzige Watte über der Hauptstadt, musste Michael, gerade 18 geworden und seit wenigen Wochen stolzer Führerscheinbesitzer, den Großvater, der zum Bahnhof chauffieren. Die Stimmung im Auto war nicht die beste. Michael hatte eine Verabredung mit seiner neuesten Flamme, auf deren SMS er sehnlichst wartete, der Großvater hatte beim Mittagessen etwas zu viel vom Rotwein erwischt und schimpfte über alles und jedes. Besonders die allgegenwärtigen Weihnachtsdekorationen erregten seinen Missmut.copyrightjps

„Noch sechs Wochen bis Weihnachten – und alles versinkt schon in dem elendigen Kitsch. Santa Claus und Christbäume wohin man blickt.“

Der alte Mann war areligiös und neigte um kirchliche Feste herum zur Depression. Michael, den die ihm übertragene Aufgabe („Jetzt, wo du ein eigenes Auto hast, kannst du auch einmal etwas für uns tun.“) so überhaupt nicht reizte, wollte sich einen kleinen Spaß erlauben und beschloss, den Großvater ein wenig zu reizen.

„Du, Opa, woran glaubst Du eigentlich?“

Der Angesprochene reagierte zunächst nicht und starrte aus dem Fenster. Michael unternahm einen zweiten Versuch.

„Glaubst du überhaupt an etwas?“

Der alte Mann, dem aufging, dass der Enkel von seiner Fragerei bestimmt nicht so schnell ablassen würde, entgegnete:

„Willst Du mich etwa aufziehen?“

„Nein, nein“, beteuerte der Jüngling mit verschmitztem Lächeln.

„Also, Du willst wirklich wissen woran ich glaube? Du hast gar keine Ahnung, was ich alles glaube und zu glauben in der Lage bin. Ich kann an so gut wie alles glauben, wenn ich nur will. Ich kann an wahre Dinge glauben und an unwahre und an solche, von denen niemand so genau weiß, ob sie denn nun wahr oder unwahr sind. Ich kann an den Osterhasen glauben und an Mickey Mouse und an Greta Garbo und an die Beatles und daran, dass Elvis noch lebt. Pass gut auf – ich glaube, dass man die Menschen bessern kann, dass Wissen unendlich ist, dass die Welt von einem geheimen Bankenkartell beherrscht und regelmäßig von Außerirdischen besucht wird, von freundlichen, die wie aufrecht gehende graue Echsen aussehen, und gefährlichen, die Haustiere verstümmeln und unsere Frauen und unser Wasser stehlen. Ich glaube, dass die Zukunft scheiße ist, und ich glaube, dass die Zukunft großartig wird, und ich glaube, dass uns die Natur eines Tages furchtbar in den Arsch treten wird. Ich glaube, dass alle Männer zu groß gewordene Knaben und alle Frauen im Innersten kleine, unsichere Mädchen sind. Ich glaube, dass alle Politiker gierige und rückgratlose Gauner sind, und dennoch glaube ich, dass es keine vernünftige Alternative zu ihnen gibt. Ich glaube, dass die Holland demnächst im Meer und China irgendwann in einem Chaos aus Giftmüll und Wahnsinn versinken wird. Ich glaube, dass antibakterielle Reinigungsmittel nach und nach unsere Abwehrkräfte schwächen und die gesamte Menschheit früher oder später vom hundsgewöhnlichen Schnupfen dahingerafft wird. Ich glaube, dass der Marquis de Sade der größte Schriftsteller aller Zeiten ist, dass es sich bei Jade um getrocknetes Drachensperma handelt und dass ich in einem früheren Leben ein einarmiger ägyptischer Priester war. Ich glaube, dass das Schicksal der Menschheit in den Sternen steht. Ich glaube, dass Süßigkeiten und Eiscreme in meiner Jugend wirklich besser schmeckten, dass es für Hummeln aerodynamisch unmöglich ist zu fliegen, dass licht sowohl Welle als auch Teilchen ist, dass sich irgendwo tatsächlich eine Katze in einer Schachtel haust und gleichzeitig lebt und tot ist (obwohl sie, wenn man nicht ab und zu die Schachtel öffnet, um sie zu füttern, bald nur auf zwei unterschiedliche Arten tot sein wird), und dass es im Weltall Sterne gibt, die Milliarden Jahre älter sind als das Weltall selbst. Ich glaube an einen persönlichen Gott, der alles beobachtet, was ich tue, und sich um mich sorgt. Ich glaube an einen unpersönlichen Gott, der das Weltall in Bewegung gesetzt hat und dann verschwunden ist, um sich mit seinen Freunden zu treffen, und nicht einmal weiß, dass ich existiere. Ich glaube an ein leeres und gottloses Universum von ursächlichem Chaos, Hintergrundstrahlung und purem Zufall. Ich glaube, dass jeder, der sagt, Sex sei überbewertet, noch nie guten Sex hatte. Ich glaube, dass jeder, der behauptet, die großen Zusammenhänge zu verstehen, auch in den kleinen Dingen des Alltags lügt. Ich glaube an absolute Ehrlichkeit und vernünftige soziale Lügen. Ich glaube, dass Frauen das Recht auf Abtreibung haben sollen und daran, dass jedes Ungeborene ein Recht auf Leben hat. Ich glaube, dass nichts gegen Strafen einzuwenden ist, sofern das Rechtssystem einwandfrei funktioniert, und dass nur ein Narr auf das Funktionieren des Rechtssystems vertrauen würde. Ich glaube, dass das Leben ein Spiel ist, dass das Leben ein grausamer Scherz ist, dass es etwas ist, das einfach passiert, während man am Leben ist, und man sich deshalb ruhig entspannen und es genießen sollte. Das alles glaube ich – oder könnte ich zumindest glauben. Jetzt brauche ich aber etwas zu trinken.“

Michael war sprachlos und hielt vor der nächsten Gaststätte an.

 

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Um den Wildwuchs an Themen ein wenig einzuschränken, erscheinen Beiträge mit Filmbezug von nun an auf Film & Co.

03 November 2009

Britney Spears – „3“, ihr schwächster Song seit langem

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Seit einigen Tagen ist die aktuelle Single von Britney Spears überall zu hören – und wird anscheinend auch in großen Mengen verkauft. „3“ ist das obligatorische neue Lied, mit dem das obligatorische vorweihnachtliche „Greatest Hits“- Album angekündigt wird. Leider klingt die Nummer so, als würde Mickey Mouse ein Kinderlied zum Besten geben (was ja nicht ganz unangebracht erscheint, wenn man bedenkt, wo Britney ihre Karriere begonnen hat), das findige Produzenten dann mit einem computergenerierten Rhythmustrack unterlegt haben, damit es nicht ganz so peinlich wirkt.
Wahrscheinlich wird „3“ trotzdem ein großer Erfolg, da sich viele Leute für das mehr oder minder erotische, „Crazy Horse“/Aerobic-artige video begeistern werden. Britney Spears sollte vielleicht in Zukunft das Singen bleiben lassen und lieber mit einer erotischen Tanzrevue durch die Lande ziehen. Sehen und hören Sie selbst!copyrightjps

 

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