Beginne ich diesen Text zu schreiben, schwingt sich eine Krähe in die Lüfte, wodurch ein Lufthauch entsteht, der die Barthaare einer schlafenden Katze in sachte Schwingungen versetzt, weshalb die Katze von der Mäusejagd zu träumen beginnt, dieser Traum der Katze beunruhigt einen Hund, die Unruhe des Hundes bringt ein Kleinkind zum Weinen, mit dem Weinen des Kleinkindes bricht ein Gewitter los, durch das heftige Donnern fällt ein gerahmtes Bild vom Regal, dessen Glas zersplittert, durch das Zerbersten des Glases schwebt ein unbeschriebenes Blatt vom Schreibtisch des Chefredakteurs, durch das Herabgleiten des Blattes stirbt ein schwerkranker ehemaliger Arzt im Nachbarhaus, beim letzten Seufzer des Sterbenden springt die Sicherung heraus, das Herausspringen der Sicherung läßt den Sprung des Skateboardfahrers mißlingen – bleibt aber der junge Mann aufgrund seiner Schutzbekleidung unverletzt, verpaßt der Reisende den Zug und wirft erzürnt den Koffer auf den Boden, das Aufschlagen des Koffers verursacht ein beinahe unmerkliches Erdbeben aus, dieses läßt in der Folge den Physiker auf die Idee kommen, daß der geheime Bauplan des Universums in den Hautlinien seiner Finger verborgen liege, dieser Gedanke des Physikers steht in geheimer Verbindung mit dem Entschluß des Nachtwächters, Rattengift auszustreuen, ist das Rattengift ausgestreut, bekommt der Portraitmaler Gewissensbisse, weil noch nicht einmal mit den Skizzen für das Bild zum Geburtstag des Ministers begonnen hat, mit dem ersten Bleistiftstrich des Malers wird Johann von einer Migräneattacke heimgesucht, das Einsetzen der Migräne ist für den von dem ständigen Bellen genervten Gärtner Anlaß, den kleinen Hund des Nachbarn mit dem Spaten zu erschlagen, bildet sich indes eine riesige Blutlache um den Schädel des Hundes, beginnt das Grammophon in der Truhe auf dem Dachboden zu spielen, das erste Lied ist noch nicht verklungen, als der Versicherungsmakler Gernot Gernreich auch schon seinen Laptop aufklappt, um den alten Schaller mittels einer Unmenge an Zahlen zu verwirren und so zum Abschluß zu animieren, sobald der Computer hochgefahren ist, blickt der Autofahrer aus dem Seitenfenster (weil er vermeint, einen Bekannten zu sehen), durch den Blick des Autofahrers sperrt die Hausfrau das Garagentor zu, das Abziehen des Schlüssels ist die Ursache für das Niesen des Straßenkehrers, das Niesen des Straßenkehrers erschreckt die Nebelkrähe, sodaß sie auffliegt, das Flattern ihrer Flügel läßt den Schauspieler in seinem Ehrengrab wehmütig seufzen, mit dem Seufzer des Schlaganfallopfers befällt den Waldarbeiter eine seltsame Unruhe, die Unruhe des Waldarbeiters läßt den Barkeeper unachtsam werden, weshalb er eine Flasche auf seinen Fuß fallen läßt, das Weh- und Wutgeschrei des Barkeepers weckt im ehemaligen Fußballer Erinnerungen an sein größtes Match, die Erinnerungen des Fußballers lassen den Diskjockey einen Fluch aus dem Fenster schreien, durch den Fluch des Diskjockeys wird die junge Frau, die die Boxershorts ihres Exfreundes übergestreift hat so erregt, daß sich ihre Brustwarzen versteifen, das Erigieren ihrer Brustwarzen wiederum lockert den Dübel, mit dem der Spiegel mit dem schweren Metallrahmen an der Wand befestigt ist, der Spiegel, der völlig unerwartet und scheinbar ohne jede Ursache herunterfällt, erschlägt den Surfer, der gerade mein Blog aufruft, um meinen neuen Eintrag zu lesen... Soll ich diesen Text wirklich verfassen?
-Inspiriert von Gerhard Roth, dessen "Archive des Schweigens" ich wärmstens empfehle.
14 Mai 2009
Nur eine Entscheidung oder die Kausalität des Zufalls
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