Nach dem Skandaltor von Paris (Handspiel von Tierry Henry) wird unter Fußballinteressierten heftig diskutiert. Die einen befürworten eine Neuaustragung des Spiels, andere – leider auch die FIFA – meinen, dass die Entscheidung des Schiedsrichters, das Tor anzuerkennen, Bestand haben muss. So oder so, dem Ansehen des Fußballs und des Sports insgesamt wurde mit dieser unglücklichen wie unappetitlichen Situation schwerer Schaden zugefügt. Die Funktionäre haben nichts Besseres zu tun, als tagein, tagaus von Fairness zu sprechen, und dann wird angesichts eines so offensichtlichen Patzers getan, als wäre nichts passiert. Dabei ließen sich solche Diskussionen in Zukunft durch die Einführung des Videobeweises im Fußballsport in den allermeisten Fällen verhindern.
Leider ist die FIFA, allen voran ihr Präsident Sepp Blatter, zu keiner Änderung bereit. Die UEFA klammert sich an das Motto „mehr Augen sehen mehr“ und setzt bei Spielen der so genannten Euroleague statt zwei nunmehr vier Schiedsrichterassistenten ein, was bisher zu keiner erkennbaren Verbesserung geführt hat. In der Euroleague gibt es genauso viele Fehlentscheidungen wie in Spielen mit nur zwei Assistenten. Warum sich die großen Verbände mit Händen und Füßen gegen die Einführung des Videobeweises wehren, ist nicht nachvollziehbar. Vor allem dann nicht, wenn man bedenkt, dass es neben dem rein sportlichen Skandal von Paris zurzeit auch noch der viel schwerwiegendere Skandal um möglicherweise hunderte von manipulierten Spielen verschiedener Ligen in ganz Europa im Raum steht.
Traditionalisten meinen, dass gerade die Fehlentscheidungen der Schiedsrichter und die damit einhergehenden Diskussionen den Fußballsport so interessant machen. Das Argument ist schlicht und ergreifend Unfug. Es ist nicht statthaft, grobe und folgenschwere Fehler mit derart verklärtem Blick zu verteidigen. Schließlich ist Fußball nicht nur Sport, sondern auch – und in erster Linie – Big Business. Es geht um Millionen, und dementsprechend sollten alle technischen Hilfsmittel genutzt werden, um einen möglichst fairen Spielausgang zu gewährleisten. In der Vergangenheit passierten einfach schon zu viele Fehler in entscheidenden Spielen, als dass man behaupten könnte, das Reglement in seiner jetzigen form sei der Weisheit letzter Schluss. Es sei nur an das WM-Finale 1966 im Londoner Wembley Stadion erinnert, wo nie geklärt werden konnte, ob der Ball beim Siegestreffer für England wirklich hinter der Linie war, oder auch an die „Hand Gottes“, mit der Diego Maradona bei der WM in Mexiko 1986 das bis heute skandalöseste Tor der WM-Geschichte erzielte. Zumindest letzteres Unrecht hätte durch den Video- oder TV-Beweis problemlos richtig gestellt werden können. Was sagt der oberste Fußballfunktionär zu der Angelegenheit? Gegenüber Eurosport erklärte Sepp Blatter, dass er sich unter Umständen Videokameras zur Überwachung der Torlinie vorstellen könnte, aber nicht mehr, denn sonst käme es zu ständigen Spielunterbrechungen. „Aber Fußball ist ein Spiel, das nicht unterbrochen werden darf“, so Blatter. Lebt der Mann hinter dem Mond. Fußball ist ein Spiel, das dauernd unterbrochen wird. Fouls, Outeinwürfe, Eckbälle, Verletzungen...
Um die gröbsten Fehler der Schiedsrichter zu korrigieren, wäre ein ähnliches System wie im American Football wünschenswert. Die NFL (National Football League) lässt Einsprüche gegen bestimmte Entscheidungen der Referees zu, und zwar bis zu drei je Mannschaft und Halbzeit. Eine ähnliche Regelung sollte die FIFA in Betracht ziehen. Sie könnte in etwa so aussehen:
1. 2-3 Einspruchsmöglichkeiten, also Kontrollen auf dem Fernsehschirm, pro Mannschaft und Halbzeit.
2. Einspruch nur in folgenden Fällen: Elfmeter, zuerkannte oder aberkannte Tore, Fouls, die mit roter Karte geahndet werden.
3. Der Einspruch muss erfolgen, ehe der Ball wieder im Spiel ist.
Durch diese Einschränkung käme es, da in all den genannten Situationen das Spiel ohnehin unterbrochen kaum zu Verzögerungen, da noch dazu mit nicht mehr als drei bis vier solcher Vorkommnisse pro Spiel zu rechnen ist. Außerdem sind viele Situationen so eindeutig, dass der Wunsch nach Überprüfung gar nicht laut würde.
Die Zulassung des Videobeweises wäre auch ein wichtiges Instrument im Kampf gegen die Manipulation von Spielen, da es den Schiedsrichtern schwerer, wenn nicht gar unmöglich gemacht würde, willkürliche Entscheidungen zu fällen. Und wenn sie trotz eindeutigen Videobeweises bei ihrer falschen Entscheidung bleiben, dann weiß man wenigsten, dass sie bestochen sind und kann dementsprechend gegen sie vorgehen.
Es ist höchst an der zeit, den Videobeweis als Hilfsmittel für die Schiedsrichter einzuführen, damit der Fußballsport nicht in einem Sumpf aus Wettbetrug, Spielmanipulationen und fragwürdigen Spielausgängen versinkt. Wir schreiben nicht die 1960-er, sondern das Jahr 2009, die Zuschauer, oft sogar diejenigen vor Ort, bekommen strittige Szenen zigmal in Zeitlupe zu sehen, warum als nicht auch die Schiedsrichter. Schließlich sind sie es, die allfällige Fehler ausbaden müssen. Manchmal kann man sich angesichts der sturen Ablehnung des Videobeweises durch die Granden von FIFA und UEFA des Eindrucks nicht erwehren, dass diese Herrschaften mit den Anbietern von Sportwetten unter einer Decke stecken...
P.S.: Da die FIFA offensichtlich nicht gewillt ist, einer Neuaustragung des WM-Qualifikationspiels zwischen Frankreich und Irland zuzustimmen, sollten die Verantwortlichen zumindest den Betrüger Tierry Henry für die Weltmeisterschaft in Südafrika sperren und so ein eindeutiges Zeichen für Fairness auf dem Fußballplatz setzen.
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