29 September 2009

Freiheit für Roman Polanski!

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roman polanski  Dass sich gerade die Schweiz, die über Jahrhunderte hinweg ein Ort der Zuflucht für verfolgte aus aller Herren Länder gewesen ist, auf so schändliche Weise zum Diener amerikanischer Strafverfolgungsbehörden macht, ist ein Skandal. Natürlich soll das nicht heißen, dass Roman Polanski unschuldig ist. Sich an einer Minderjährigen zu vergehen, ist nicht in Ordnung, aber der lange zurückliegende Vorfall muss in den richtigen Zusammenhängen gesehen werden.

Die 1970-er Jahre waren eine Zeit des hemmungslosen Hedonismus, der durchtanzten Nächte im „Studio 54“, der Champagnerorgien und der Nasen voller Koks. Der pornographische Film eroberte den Markt und die Öffentlichkeit, Swinger-Clubs schossen aus dem Boden, in den Vorstädten wurden so genannte „Schlüsselpartys“ gefeiert, und unter den Reichen und Berühmten herrschte die Einstellung, dass alles erlaubt sei. Besonders auf sexuellem Gebiet wurde eifrigst herumexperimentiert, Lou Reed und David Bowie machten homosexuelle Erfahrungen (allerdings nicht miteinander), George Harrison und Eric Clapton tauschten die Ehefrauen, diversen Hardrockern konnten die Mädchen gar nicht jung genug sein...

Wenn man Roman Polanski vorwirft, sich unter Drogen- und Alkoholeinfluss an einer Minderjährigen vergangen hat, dann könnte man auch jede Menge anderer Künstler anklagen, zum Beispiel Jimmy Page, den Gitarristen von Led Zeppelin, der in jeder größeren amerikanischen Stadt eines oder mehrere dieser „Nymphchen“ hatte, mit denen er regelmäßig orgiastische Backstage-Partys feierte, wobei sicher auch Alkohol und Drogen im Spiel waren. Ob richtig oder nicht, so waren nun einmal die Zeiten.

Bei Roman Polanski kommt noch die persönliche Lebensgeschichte dazu. Bekanntlich wurde seine hochschwangere Verlobte Sharon Tate im Jahre 1968 von der „Manson-Gang“ auf bestialische Weise ermordet. Welche Auswirkungen dieses Ereignis auf einen hochsensiblen Künstler wie Roman Polanski gehabt haben muss, lässt sich nicht einmal ansatzweise erahnen. Das ist natürlich kein Freibrief und keine Entschuldigung für etwaige Verfehlungen, macht es aber verständlicher, dass sich der hochtalentierte Regisseur in dem darauf folgenden Jahrzehnt mit allerlei tauglichen und untauglichen Mitteln über den schmerzlichen Verlust hinwegzutrösten trachtete.

Außerdem ist er nicht ungestraft davongekommen. Dass sich seine Karriere entwickelte sich nach der Flucht aus den USA lange Zeit nicht gerade prächtig entwickelte und er etliche Projekte entweder gar nicht oder nur in kleinerem Rahmen verwirklichen konnte – große Filmbudgets lassen sich nun einmal fast ausschließlich in den USA auf die Beine stellen – ist für so einen Vollblutkünstler Strafe genug. Außerdem muss darauf hingewiesen werden, dass er finanzielle Wiedergutmachung geleistet hat.copyrightjps

Die jetzige Schmierenkomödie lässt sich nur durch folgende Umstände erklären:

  1. Den geradezu hysterischen Umgang der Amerikaner mit allem, was nur irgendwie mit Sexualität zu tun hat. Die Schweizer sollten in dieser Beziehung sensibler sein, wurde doch erst vor wenigen Jahren ein kleiner Schweizer Bub in Untersuchungshaft genommen, weil er seiner Schwester die Unterhose hinuntergezogen hatte.

  2. Das US-Strafrechtsverständnis, dem nicht Recht und Gerechtigkeit zugrunde liegen, sondern ein alttestamentarisches Bedürfnis nach Rache.

  3. Die Notwendigkeit, als Staatsanwalt, eigentlich Bezirksanwalt (District Attorney) durch spektakuläre und medienwirksame Fälle auf sich aufmerksam zu machen, um wieder gewählt zu werden. In diesem Fall spricht vieles dafür, dass sich jemand durch das Aufgreifen eines uralten Falles profilieren möchte. Wurde nicht auch Michael Jackson, der sicher auch nicht ganz unschuldig war, über viele Jahre hinweg von einem überergeizigen District Attorney verfolgt? Roman Polanski ist da als Ausländer ein noch viel dankbareres „Opfer“.

  4. Das Bedürfnis der Schweizer Behörden, nach den langwierigen Verhandlungen um ein neues Amtshilfeabkommen mit den USA im Zusammenhang mit den Streitigkeiten um angebliche Beihilfe zur Steuerhinterziehung von Seiten der UBS(Stichwort: Bankgeheimnis), unter Beweis zu stellen, dass man ein verlässlicher Partner und gewillt ist, die Vereinbarungen einzuhalten. Die Schweizer Bundesregierung leugnet zwar jeden Zusammenhang mit dem Abkommen, aber dass Roman Polanski gerade jetzt verhaftet wurde, ist zumindest verdächtig. Er war über viele Jahre hinweg immer wieder als Gast in der Schweiz und besitzt dort sogar ein Ferienhaus.

Die Schweizer Justizbehörden täten gut daran, Roman Polanski möglichst bald auf freien Fuß zu setzen und ausreisen zu lassen, denn diese unappetitliche Angelegenheit ist ein weiterer Versuch der USA, der ganzen Welt ihr Rechtsverständnis aufzuzwingen. Solange die USA sofort Zeter und Mordio schreien, wenn irgendwo auf der Welt einer ihrer Bürger eingesperrt oder vor Gericht gestellt wird, und sie sofort ehemalige Präsidenten oder Senatoren ausschicken, um die „armen“ und „unschuldigen“ US-Bürger heimzuholen, kurz gesagt, nicht bereit sind, die Rechtssprechung anderer Länder zu respektieren, solange sollten sich die Länder Europas weigern, Europäer an die USA auszuliefern.

Roman Polanski hat sich seit seiner Flucht aus den USA nichts mehr zuschulden kommen lassen (zumindest ist nichts Negatives bekannt geworden) und es steht nicht zu befürchten, dass er nochmals eine ähnliche Tat begehen könnte. Warum sollte er also jetzt nach so vielen Jahren und in fortgeschrittenem Alter für einen “dummen Fehler” bestraf und ihm so vielleicht die Möglichkeit genommen werden, noch das eine oder andere filmische Meisterwerk zu schaffen? Lasst ihn frei,  auf dass er uns noch eine Weile mit seiner Kunst erfreuen möge!


 

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